Wie unsere Bruderschaft entstand.
Die Polcher St. Sebastianus-Bruderschaft kann sich rühmen, die älteste Schützenbruderschaft des südlichen Rheinlandes zu sein. Nach dem Buch von Wilhelm Ewald „Die rheinischen Schützengesellschaften“ ist ihr Gründungsjahr 1214. Dieses Gründungsjahr fällt in eine überaus trübe Zeit der deutschen Geschichte. Zwei deutsche Fürsten „Philipp von Schwaben 1198-1208“ und „Otto IV. 1198-1212“ stritten miteinander um die deutsche Kaiserkrone. Im Jahre 1215 wurde Friedrich II. zum deutschen Kaiser gewählt, der sich kaum um Deutschland kümmerte, sondern sich fast immer in Italien aufhielt. Es begann die „kaiserlose“, die schreckliche Zeit, in der Macht vor Recht ging und Vergewaltigungen und Räuberunwesen überhand nahmen.
Daraus ergab sich die Notwendigkeit, dass die bedrohten Untertanen durch Zusammenschluss und gegenseitige Hilfe sich sicherten gegen Vergewaltigung und Räuberei. – Unter dem Schutzpatron St. Georg mit dem Mittelpunkt in der Polcher St. Georgskirche bestand schon seit dem frühen Mittelalter ein Bund der Ritter vom Maifeld und der weiteren Umgebung, genannt „Polcher Märker und Erben“. Der Bund besaß in der Osteifel ausgedehnte Ländereien und Wälder und blieb bestehen bis zur französischen Revolution. Einen Teil des Waldbesitzes wurde damals der Zivilgemeinde Polch zugeteilt, so z. B. Cond, Polcher Holz, Hochpochten.
Neben diesem Bund der Ritter entstand im Jahre 1214 in Polch ein Bund der Bürger: Die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft. Sie wählte sich als Patron den hl. Sebastianus mit dem Sitz in der Polcher Pfarrkirche (zum hl. Stephanus).
Aus guten Gründen darf man annehmen, dass die Begründer der Polcher St. Sebastianus-Bruderschaft die Ritter von Polch waren. Sie wohnten in Polch und hatten hier eine durch Wall und Graben geschützte Burg, deren Reste sich noch bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts erhalten hatten und an deren Vorhandensein die „Burggasse und Grabenstraße“, heute noch erinnern. Um das Jahr 1200 stand die Familie der Ritter von Polch in hohem Ansehen, wie die Unterschriften unter zahlreichen Urkunden aus jener Zeit beweisen. So begegnen uns in einer Urkunde von 1204 ein Ludwig, ein Guntram, ein Albert von Polch, 1215 Konrad und Heinrich von Polch, 1246 Johann von Polch, 1253 Heinrich und Theodor, Söhne von Konrad von Polch, 1264 Rudolf von Polch, 1266 Gottfried von Polch, 1292 Rudolf und Heinrich von Polch. Diese Ritter von Polch werden nicht genannt unter den Mitgliedern der „Polcher Märker und Erben“, sie standen sogar in einer Fehde dieses Bundes mit den Herren von Virneburg auf Seiten der letzteren, wie Urkunden aus den Jahren 1274/75 beweisen. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass die Ritter von Polch die Gründer der St. Sebastianus-Bruderschaft in Polch waren.
Von dem hohen Alter der Polcher St. Sebastianus-Bruderschaft zeugen die Denkmünzen, die der Schützenkönig bei festlichen Gelegenheiten auf einem grünsamtenen Bandelier um die Schultern trägt Leider sind vor Jahren die ältesten Denkmünzen, weil sie die Schützenkette zu sehr belasten. aus Unkenntnis ihrer geschichtlichen Bedeutung zu einem Vogel zusammengeschmolzen und der Schützenkette angehängt worden. Die älteste Denkmünze soll nach eidlicher Aussage älterer Mitglieder die Jahreszahl 1326 getragen haben.
Ferner ist verbürgt die Jahreszahl 1440. Die jetzt noch vorhandene älteste Denkmünze trägt die Jahreszahl 1554. Diese Denkmünzen wurden und werden noch von dem jeweiligen Vogel- bzw. Schützenkönig der Bruderschaft gestiftet.
Sie tragen den Namen des Königs und die Jahreszahl seines Schützenkönigtums (nur wenige Denkmünzen haben keine Jahreszahl). Dreimal erscheinen als König Polcher Geistliche. 1649 Balthasar Marzi, Pastor in Polch; 1711 R. D. Johannes Geisen, Pastor in Polch; 1780 Th Kirchhöfer, Caplan in Polch. Mit Ausnahme von Kriegszeiten sind fast alle Jahre vertreten
Die Denkmünze von 1780 ist die letzte vor der französischen Revolution Nach der französischen Revolution beginnen die Denk(münzen wieder mit dem Jahre 1819. Als 1. König erscheint 1819 ein Heinrich Chemal, königl. Steuer-Einnehmer, der auch 1836 König war und das Bild Napoleons in diesem Jahre seiner Denkmünze aufprägen läßt, ein Zeichen, dass er ein Verehrer Napoleons war Die Denkmünze von 1835 trägt eine englische Inschrift Decimus Woodgate, King of the Bird Society Polch 8 Juni 1835. Dieser König war ein Engländer, in Cambridge geboren, hat am 12 2. 1839 in Polch eine Gertrud Berreßem vom Kurbenhof geheiratet, hatte auf Kurbenhof 6 Kinder, war um 1850 nach Linz am Rhein und später mit seiner Familie nach Australien gezogen. Mit Ausnahme von 1874 1851 ist fast von jedem Jahre eine Denkmünze vorhanden bis zum 1. Weltkrieg. Nach dem 1. Weltkrieg ist eine Denkmünze von 1922, dann von 1925 1935 vorhanden. Im 2. Weltkrieg ruhte ebenfalls der Schießsport und lebte erst wieder auf im Jahre 1949, als das Schießen mit Luftgewehren erlaubt wurde. in diesem Jahre wurde nach zehnjähriger Unterbrechung wieder ein Schützenkönig herausgeschossen. Die Ehre wurde Hans Weiler zuteil.
Einen Einblick in die Geschichte der Polcher St. Sebastianus-Schützenbruderschaft gewähren die noch vorhandenen alten Mitgliederverzeichnisse. Das älteste trägt die Aufschrift. Frates et Sorores St Sebastiani (Brüder und Schwestern der St. Sebastianus-Bruderschaft) Als 1. Mitglied ist angegeben. Herr Marc Hoerter, Pastor in Polch Dieser Herr war Pastor in Polch von 1454 1498. Dieses Mitgliederverzeichnis reicht bis zum Jahre 1680. Dieses älteste noch vorhandene Mitgliederverzeichnis wurde erneuert und fortgesetzt im Jahre 1681.
Das 2. noch vorhandene Verzeichnis beginnt mit den Worten. „Anno Domini = Nach der Geburt Christi, als man schrieb ein tausend sechshundert achtzig und eins, ist dies Register der löblichen Bruderschaft St. Sebastiani renoviert und erneuert worden, welche Fraternität angefangen nach der Menschwerdung unseres Erlösers eintausend vierhundert acht und neunzig per me Joannem Wilhelmum Pistorium, sacellanum et Judicis Schribam in Polch m. p.
In hac renovatione waren Brudermeister die Ehrsamen Philipp Dötsch und Mattheis Endres, beide aus Polch“. In diesem 2. Mitgliederverzeichnis wird als Jahr der Entstehung das Jahr 1498 vom Verfasser angegeben, weil das ihm vorliegende Verzeichnis mit dem Jahre 1498 nach seiner Ansicht begann Wie die Denkmünzen beweisen, bestand die St. Sebastianus-Bruderschaft schon viel früher. In dem von Johann Wilh. Pistorius angelegten Mitgliederverzeichnis sind an 1. Stelle die Geistlichen, an 2. Stelle die Adeligen, an 3. Stelle die Laien zusammengestellt. Als 1. Geistlicher steht in dem neuen Verzeichnis wieder Marcus Hürter, es folgen dann Stiftsherren von Münstermaifeld, von Koblenz, Dekane, Pastöre, Welt- und Ordensgeistliche vom Maifeld. von Mayen, von Koblenz, sogar von Boppard, ein Zeichen, welch großes Ansehen die Polcher St. Sebastianus-Bruderschaft hatte. Als letzter Geistlicher erscheint für 1796 eingetragen Johannes Adamus Freiberger, sacellanus in Polch.
Die 2. Mitgliedergruppe bilden die Adeligen. Davon sind in die Polcher Sebastianer-Bruderschaft nur fünf Namen eingetragen und zwar zweimal Herren von Eltz mit ihren Gattinnen, ein Philipp von Merloch und ein Lothar Freiherr von Metternich, der in Nettesürsch einen Hof hatte. Grund für die geringe Mitgliederzahl an Adeligen ist der Bund der Ritter „Polcher Märker und Erben“.
Die 3. Mitgliedergruppe bilden die Namen der Schwestern und Brüder. Auch das Verzeichnis dieser Gruppe ist fortgeführt bis zum Jahre 1796. Letzte Eintragung lautet Balthasar Kolligs et Uxor et proles. Auch unter diesen Laienmitgliedern finden wir nicht bloß Polcher Bürger, sondern wie bei den Geistlichen Bewohner vom Maifeld und der weiteren Umgebung.
Einen guten Aufschluss über die Geschichte von der Polcher St. Sebastianus Bruderschaft geben die alten Protokolle, die mit dem Jahre 1638 beginnen und \weitergeführt sind bis zum Jahre 1798, dem Jahre der Franzosenherrschaft über Polch. Sie sind lückenlos Jahr für Jahr durchgeführt und bewiesen, dass die Bruderschaft ohne Unterbrechung ihre Tätigkeit fortgesetzt hat, auch wenn wegen äußerer Umstände ein Königsschießen nicht stattfinden konnte. Jedes Jahr, gewöhnlich 20. 1., dem St. Sebastianustag, wurden 2 neue Brudermeister gewählt und die abgehenden Brudermeister haben vor Herrn Pastor von Polch und den Sendscheffen und den Brüdern Rechnung gelegt über Einnahmen und Ausgaben des verflossenen Jahres. Es wurde auch über Verwendung des etwaigen Überschusses beschlossen. Er wurde zur Ausschmückung des Gotteshauses oder für Gottesdienst bestimmt. So sagt ein Protokoll von 1774: Den 20. Januar sind zu Brudermeistern erwählet worden der wohlachtbare Johann Peter Kreuter und Johann Friedrich Richter und ist dazumalen aus Bewilligung der sämtlichen Sendscheffen beschlossen worden, dass in Zukunft auf den Tag des hl. Sebastiani sollen nachmittags Vesper mit Aussetzung des Hochwürdigsten Gutes gehalten werden, wovon zeitlicher Herr Pastor 2 Florinen und zeitlicher Herr Magister 9 Albus bekommen sollen“. Sodann werden die Armen aufgezählt, denen eine Unterstützung zuteil werden soll.
Mit dem Beginn der Franzosenherrschaft 1798 ist die äußere Tätigkeit der Bruderschaft zur Ruhe verurteilt, aber der Bruderschaftsgeist war nicht ausgelöscht. Das zeigt sich nach den Befreiungskriegen. Im Jahre 1819 haben sich alte Bruderschaftsmitglieder von neuem zusammengeschlossen und sich neue Statuten gegeben, um die Genehmigung der neuen Landesherren der preußischen Könige zu erhalten. Als Hauptzweck der Polcher Schützengesellschaft wird genannt Beförderung eines geselligen, friedlichen Zusammenlebens. Dann Veranstaltung eines jährlichen Volksfestes durch Abhaltung eines Königs- und Vogelschießens am Pfingstmontag und sonstigen allgemeine, zweckmäßige Festlichkeiten Endlich Erweisung der letzten Ehrenbezeugungen beim Ableben von Vereinsmitgliedern und Beiwohnung des Seelenamtes für die Verstorbenen.
Polch gehörte bis 1798 zu Kurtrier, war dann unter französischer Herrschaft bis 1816 und gehörte von 1816 zum Königreich Preußen. Es ist verständlich, dass die neuen Untertanen des Königs von Preußen nicht mit heller Begeisterung der neuen Herrschaft anhingen. Darum konnte die preußische Regierung es nur begrüßen, wenn eine im Volke verwurzelte Gesellschaft als ihren Hauptzweck Pflege der Anhänglichkeit an König und Vaterland nannte. Als 1. Mitglied steht im Mitgliederverzeichnis von 1819 seine Majestät der König von Preußen. In seinem Namen sollte der 1. und beste Schuss abgegeben werden.
Das Mitgliederverzeichnis von 1819 weist 30 Mitglieder auf; es wurden neu aufgenommen. 1820 — 3; 1821 –3; 1822 — 15; 1823- 5; 1834 — 6; 1835 -9; 1839 – 7; 1843 –5; 1844 – 7 ordentliche Mitglieder. Als Ehrenmitglieder sind von 1819 bis 1844 – 46 Herren aufgezählt. Als letztes Ehrenmitglied ist genannt Herr Delius, Regierungsassessor in Mayen. Von letzterem berichtet das Protokoll von 1843: Heute, den 5. Juni 1843 wurde unter Musik in militärischer Weise an dem bestimmten Schützenplatz zum Vogelschießen ausgerückt und es wurde durch den betätigten besten und letzten Schuss die Ehren und der Triumph des Tages im Namen Seiner Majestät unseres Königs dem königlichen Regierungsassessor Herrn Delius zu Mayen zu Teil, von welchem Ereignis Sr. Majestät dem König durch den Vorstand des Vereins sofort Anzeige gemacht werden soll. Auf diese Anzeige stiftete der König Friedrich Wilhelm IV. dem Verein eine goldene Medaille, welche seit der Zeit an bevorzugter Stelle an grünseidener Schnur am Halse vom jeweiligen Schützenkönig getragen wird.
Die unter Glas und Rahmen befindliche darauf bezugnehmende Urkunde lautet:
Auf die Anzeige von dem besten Schuss, welchen beim vorjährigen Königsschießen in Polch der Regierungsassessor Delius in meinem Namen getan hat, lasse ich dem Schützenverein die beikommende goldene Huldigungsmedaille als Andenken an dieses Ereignis zugehen. Potsdam, den 27. April 1844. gez.: Friedrich Wilhelm“.
Die Notjahre 1847/49 hatten auch die Polcher Schützengesellschaft in Mitleidenschaft gezogen. Der bisherige Schiessplatz war verloren gegangen. Die Mitgliederzahl war zusammengeschrumpft. Im Jahre 1852 haben die restlichen Mitglieder sich zusammengefunden und beschlossen, den Verein neu zu beleben. Sie haben dem Verein am 11. Juli 1852 neue Statuten, die auf den Statuten von 1819 fußten, sie aber bedeutend erweiterten, um den Verein straffer zu ordnen. Diese Statuten wurden von allen neu aufzunehmenden Mitgliedern zur Kenntnis genommen und zum Zeichen der Annahme unterschrieben.
In den Statuten von 1819 und 1852 ist abgesehen von der Teilnahme an Beerdigungen und Seelenämtern von Mitgliedern und deren Ehefrauen von religiöser Betätigung der Schützengesellschaft nicht die Rede. Das könnte zur Annahme führen, die Schützengesellschaft habe sich um religiöse Belange nicht gekümmert. Doch das wäre ein Fehlschluss. In dem Vorwort des Protokolls von 1819 wird ausdrücklich die neue Gesellschaft als Fortsetzung der alten Sebastianus Schützenbruderschaft bezeichnet. Sebastianustag wurde altem Herkommen gemäß gefeiert und die Teilnahme an feierlichen Prozessionen am Fronleichnamsfest und bei anderen feierlichen Gelegenheiten wurde als selbstverständlich betrachtet. Ein Protokoll vom 15. 5. 1853 sagt ausdrücklich: „Es wurde beschlossen, alljährlich die Fronleichnamsprozession in vollständigem Zuge, die Chargierten mit Dekorationen, die Schützen mit der Büchse unmittelbar hinter dem Sanktissimum zu begleiten.“ Sonst schweigt das Protokollbuch über die religiöse Betätigung der Gesellschaft. Es berichtet nur über die Generalversammlungen und das Königsschießen, aber auch nicht immer. So findet sich eine Lücke in den Berichten von 1864–1892, obwohl in all diesen Jahren das Königsschießen stattgefunden hat, wie die Denkmünzen beweisen.
Im Jahre 1928 haben sich die Rheinischen Schützengesellschaften auf Anregung des Dr. Louis, Leverkusen-Bürrig, zu einer Erzbruderschaft vom hl. Sebastian zusammengeschlossen. Dieser Erzbruderschaft trat auf Beschluss der Generalversammlung vom 3. März 1930 auch die Polcher Schützen-Gesellschaft bei. Aus Anlass des Anschlusses an die Erzbruderschaft hl. Sebastianus hat die Polcher Schützengesellschaft sich neue Statuten gegeben, die sich den von der Erzbruderschaft aufgestellten Statuten anpassten. Auch wurde der seit 1819 geführte Name „Polcher Schützengesellschaft“ im Anschluss an die uralte Polcher Tradition umgeändert in den Namen: „St. Sebastianus Schützenbruderschaft Polch“. In den neuen Statuten ist bei Angabe auch die religiös-kirchliche Zielsetzung neben der rein weltlichen Zweckbestimmung ausdrücklich erwähnt, während in den Statuten von 1819 und 1852 die religiöse Zielsetzung nicht genannt ist, aber immer betätigt wurde, wie die älteren Mitglieder noch aus eigner Erfahrung wissen.
Das Jahr 1930 brachte der „St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Polch“ als besonders hochfestlichen Tag die Weihe einer neuen Fahne am 9. Juni 1930.
Die kirchliche Weihe fand statt beim feierlichen Hochamt in der Pfarrkirche Polch durch den geistlichen Präses Pfarrer Heen, vor der Öffentlichkeit wurde die Fahne enthüllt auf dem Marktplatz vor dem Kriegerdenkmal mit einer Ansprache von Pfarrer Rosch, Andernach, Vorstandsmitglied der Erzbruderschaft.
Am Nachmittag war auf dem Schützenplatz großes Preisschießen auf 5 Ständen. Am Sonntag, dem 15. Juni 1930, fand die Fortsetzung des Preisschießen und das Königsschießen der Bruderschaft statt.
Im Jahre 1933 unternahm der Zentralverband der historischen deutschen Schützenbruderschaften die erste Schützenwallfahrt nach Rom. Die Bruderschaft Polch war damals durch ihren Hauptmann Peter Müller vertreten. Aus diesem Anlass wurden den Bruderschaften, welche der Erzbruderschaft vom hl. Sebastian angeschlossen waren, und auf ein über 100jähriges Bestehen zurück blicken konnten, das „Anno Santo Kreuz“ verliehen. Für die Bruderschaft Polch konnte unser Hauptmann Peter Müller das „Anno Santo Kreuz“ aus der Hand des hl. Vaters, Papst Pius XI. in Empfang nehmen.
Bei der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus glaubten viele Leute, vertrauend auf Äußerungen Hitlers und seiner Genossen, es beginne ein neuer religiöser Frühling. Hitler war darauf bedacht, alles was ihm zur Erreichung seines Zieles förderlich sein konnte, auch die Religion, seinen Zwecken dienstbar zu machen. Die Schützengesellschaften waren in ihrer weltlichen Zielsetzung dem NS willkommen. Darum duldete er eine zeitlang auch ihre religiöse Betätigung. Dann verbot er die Erzbruderschaft, verbot, dass an einem Ort mehr als ein Schießsport treibender Verein bestehe und befahl deren Zusammenschluss. Im Jahre 1938 kam das Verbot für die Schützen, in Schützentracht an religiösen Feierlichkeiten teilzunehmen. Trotzdem ließen die Polcher Schützen es sich nicht nehmen, im Jahre 1938 sowohl an der Fronleichnamsprozession als auch beim feierlichen Empfang des Bischofs in Schützentracht teilzunehmen. Um aber sich keine unnötigen Schwierigkeiten zu bereiten, wurde beschlossen, die religiöse Betätigung wie bisher fortzuführen, aber bei öffentlichen Prozessionen in Frack und Zylinder teilzunehmen. Dies wurde auch, soweit während des 2. Weltkrieges und in der Nachkriegszeit Prozessionen überhaupt möglich waren, durchgeführt, bis die Besatzungsmächte das Tragen von Schützentrachten wieder erlaubten
Im Jahre 1949 hat sich die Erzbruderschaft vom hl. Sebastianus wieder neu gebildet und wie alle anderen Bruderschaften schoss sich auch die „St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Polch“ der Erzbruderschaft an. Auch der „Bezirksbruderschaftsbund Maria Laach“ trat wieder ins Leben. Bei der Neubelebung der historischen deutschen Schützenbruderschaften gab sich die „St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Polch“ neue den neuen Verhältnissen entsprechende Statuten, in denen aber das gute Alte beibehalten wurde.
Im hl. Jahr 1950 rief wiederum der Generalpräses der historischen deutschen Schützenbruderschaften Dr. Peter Louis die Schützenbruderschaften des Zentralverbandes zu einer Schützenwallfahrt nach Rom auf. Die Bruderschaft war durch ihren 1. Brudermeister Toni Luy vertreten und konnte für die Bruderschaft Polch das „Anno Santo Kreuz 1950“ in Empfang nehmen.
Ein bedeutungsvolles Ereignis war das 1. Bundesschießen der Schützenbruderschaften „Maria Laach“ am 27. August 1950 in Polch. Ein besonderes Gepräge erhielt dieser Festtag durch die Weihe der von dem Hochwürdigsten Abt von Maria Laach gestifteten neuen Bundesfahne, ein Meisterwerk der Kunst, die im Auftrage des verstorbenen Hochw. Herrn Abtes Ildefons Herwegen von der Benediktinerinnen-Abtei St. Hildegard in Eibingen-Rüdesheim hergestellt wurde.
Unter Beteiligung zahlreicher Ehrengäste wurde die Weihe der neuen Bundesfahne beim feierlichen Hochamt in der Pfarrkirche Polch durch Herrn Bundsepräses Dechant Thees, Mayen, vorgenommen und von P. Johannes OSB im Auftrage des Hochw. Herrn Abtes von Maria Laach Dr. Basilius Ebel als Geschenk dem Bundesmeister des Bundes Maria Laach, Herrn Theodor Kaes, Mayen, übergeben, der sie seinerseits der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Polch zur Aufbewahrung zu treuen Händen weiterreichte.
Der Nachmittag wurde eingeleitet durch einen glänzenden Festzug durch den Ort und nach dem Schützenplatz, wo sich bald neben dem Bundesschießen ein festliches Treiben entfaltet. Beim Bundesschießen errang die Bruderschaft Polch den Wanderpreis des Bundes Maria Laach, eine Schützenkette als beste Schützengruppe, auch im Einzelschießen errangen Polcher Schützen den 1., 2. und 4. Preis.
Beim Bundesschießen am 5. August 1951 in Kottenheim errangen die Polcher Schützen im Gruppenschießen wiederum die Wanderkette des Bundes Maria Laach mit insgesamt 169 Ringen.
Am 10. August 1952 fand in Nickenich das 3. Bundesschießen um die Bundeswanderkette statt, wobei die Polcher Schützen zum 3. Male mit zusammen 167 Ringen die Bundeswanderkette und damit zum bleibenden Besitz errangen.
Im Juli/August 1956 wurde von den Mitgliedern der Schützenbruderschaft in uneigennütziger Weise eine 20 Meter lange Schiesshalle und eine 20 Meter lange Wirtschaftshalle mit verschließbarem Abstellraum errichtet. Diese Arbeiten wurden von den Mitgliedern ohne Entgelt ausgeführt. Bezahlt wurden lediglich die Materialkosten .
Der 1. Brudermeister Luy regte im Jahre 1964 an, einen Grundstein in Form der Beitragserhöhung zu legen, als Rücklage für die Durchführung der 750-Jahrfeier im Jahre 1964. In dieser Vorbereitungszeit wurde alles seitens des Vorstandes getan, um dieses einmalige Fest gebührend zu feiern. Ganz besonders waren es hier die Vorstandsmitglieder Geschäftsführer Mayer und Kassierer Weiler, die sich in vorbildlicher Weise für das gute Gelingen dieses hohen Festes einsetzten.
Durch den Bund Maria Laach, vertreten durch Bundesmeister Schlegel, wurden sie mit dem hohen Orden „Für treue Verdienste“ ausgezeichnet.
So konnte die 750-Jahrfeier, verbunden mit dem 38. Bundesfest des Schützenbundes Maria Laach, in der Zeit vom 8.-10. August 1964 nach gründlicher Vorbereitungsarbeit gefeiert werden. Die Bundesfahne, die, ein Meisterwerk, vor 14 Jahren vom Abt von Maria Laach gestiftet und beim ersten Bundesschießen nach dem Kriege in Polch geweiht wurde, ist zum 2. Male für ein Jahr in der treuen Obhut der Polcher Schützenbruderschaft.
Schon am Samstagnachmittag waren die Straßen Polchs festlich geschmückt. Der Festkommers in dem mit dekorativen Blumenarrangements ausgeschmückten und bis zum letzten Platz besetzten Saal Geisen eröffnete die Festtage.
Schützenbruder und Geschäftsführer Mayer, der die Feierlichkeiten eröffnete, führte die Zuhörer mit passenden Worten durch das Programm. Der 1. Brudermeister der Schützenbruderschaft Polch Toni Luy, hieß die Erschienenen willkommen und hob in einem kurzen Rückblick aus der Geschichte der Bruderschaft Polch hervor, dass den Vorfahren Dank zu zollen sei, die den Bruderschaftsgedanken in schweren und bewegten Zeiten durch 8 Jahrhunderte hindurch hochgehalten hätten, ebenso allen, die das Fest ermöglichen halfen. Nach einem Gedicht, vorgetragen von P. Weber, ergriff Bundesmeister Schlegel das Wort zur Begrüßungsansprache.
Bundesmeister Schlegel stellte Tradition und Brauchtum in den Mittelpunkt.
Schütze sein, heiße, sich schützend vor die Werte der Heimat zu stellen. Der Bundesmeister beglückwünschte die älteste Schützenbruderschaft in der Diözese Trier zu dem seltenen Jubiläum.
Als Vertreter von Ministerpräsident Dr. Altmeier sprach Landrat Boden, der zugleich auch die Grüße und Wünsche des Regierungspräsidenten Dr. Schmitt übermittelte. Er führte u.a. aus: In der Öffentlichkeit wird oft die Frage diskutiert, ob die Schützenbruderschaften auch heute noch eine Existenzberechtigung haben. Glaube, Sitte und Heimat sind überzeitlich und nicht von der jeweiligen Erscheinungsform einer Zeitepoche abhängig, sondern haben, wenn sie gelebt werden, in jeder Form Gestalt und Inhalt. Der Landrat überreichte ein Jubiläumsgeschenk des Ministerpräsidenten in Form einer Gedenktafel, das Wappen von Rheinland-Pfalz mit der Widmung „Der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft 1214 Polch zum 750jährigen Bestehen zugeeignet – Mainz, den 8. August 1964, Altmeier, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.“
Der Hochmeister Graf Galen, der, wie er sagte, Polch durch eine liebenswürdige Tat eines Bürgers in einem Erlebnis als Offizier im Kriegsjahr 1939 in angenehmer Erinnerung habe, überbrachte die Grüße und Wünsche des Zentralverbandes. Die Schützenbrüder möchten sich all das, was in schönen Worten gesagt worden sei, zu Herzen nehmen und stets den Brüdern, dem Nächsten und für das Wohl der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Seine Worte schlossen mit dem Ausspruch von Landesbischof Dibelius „Ein Christ ist immer im Dienst“, der abgewandelt lauten würde: „Ein Schützenbruder ist immer im Dienst“.
Ein schönes Bild boten die in Reih und Glied bei strahlendem Sonnenschein am Sonntagmorgen auf dem Marktplatz angetretenen Abordnungen der Bruderschaften mit ihren Fahnen. Nach Übergabe der Bundesfahne an die Polcher Bruderschaft marschierten die Schützen zum Festgottesdienst in die Pfarrkirche. Die feierliche Messe zelebrierte Präses Pastor HeiI. Der Kirchenchor sang die Messe „von Kraft“. In der Festpredigt hob der Schützenpater des Bundes Maria Laach Pater Johannes Vollmar OSB besonders hervor, dass die Anfänge der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Polch in das Jahr 1214 zurückreicht, in eine Zeit geistiger und geistlicher Blüte des Hochmittelalters. Er nannte einen heiligen Albertus Magnus, Thomas von Aquin und Bonaventura. Es sei die Zeit, in der auch die St. Georgskapelle erbaut wurde als bleibender Zeuge damaliger Glaubensfreude und Kraft unserer Vorfahren. Auf dieser Tradition habe man gebaut und gelte es weiterzubauen.
Als im Jahre 1964 die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft ihre 750-Jahrfeier beging, war infolge der guten Organisation der Zustrom an Schützen und Besuchern nicht zu stoppen. Aufgrund dessen hatte sich erwiesen, dass der Schützenplatz zu klein war und ausgebaut bzw. erweitert werden musste.
In mehreren Vorstandssitzungen und Beratungen im Jahre 1968 wurde diese Maßnahme besprochen und erläutert, bis schließlich ein Modell vorhanden war , welches als Grundlage für den ersten Spatenstich galt. Bei diesen Planungen ging man davon aus, dem Ort Polch in der Größenordnung von 4.000 Einwohnern eine Kulturstätte zu schaffen, um das Vereinsleben, allgemein gesehen, etwas zu heben. Seitens der Gemeinde Polch wurde die Bauaktion sehr begrüßt und stellte dankenswerter Weise das gesamte Bauholz für die neue Anlage kostenlos zur Verfügung. Durch die Aufnahme eines Darlehns konnten die übrigen Bauarbeiten in Auftrag gegeben werden, die nach Ableistung handwerklicher Arbeit immer noch einen Betrag von rund 25.000 DM ausmachten.
Nachdem 1970 zum dritten Mal das Bundesfest in Polch stattgefunden hat, sah man das bei der schönen, modern eingerichteten Schießplatzanlage die vorhandene alte Toilettenanlage nicht mehr zeitgemäß war. Dieser Missstand konnte 1971 mit dem Bau einer neuen Toilettenanlage behoben werden. 1973 wurde die Schießanlage durch automatische Zugscheiben für Stände aufgewertet. Dadurch war der Weg zum sportlichen Schießen geebnet.
Im Jahr 1974 beschoss die Jahreshauptversammlung die Bruderschaft in das Vereinsregister eintragen zu lassen. Es wurde eine entsprechende Satzungsänderung vorgenommen und der Verein beim Amtsgericht eingetragen.
Beim Bundesfest 1975 in Kaisersesch konnte nach langer Zeit wieder der Sieg beim Gruppenschießen errungen werden. Außerdem gewannen die Schützen aus Polch die Romfahrt. Romfahrer war der 1. Brudermeister Hans Funk.
Für 50jährige Mitgliedschaft wurden 1979 die Schützenbrüder Johann Eisenbürger, Willi Gail, Peter Funk, Toni Luy und Karl Weckbecker geehrt. Beim Herbstabschlußschießen im gleichen Jahr konnten die Polcher Jungschützen, wie auch die Schülerschützen beim Gruppenschießen den Sieg erringen und darüber hinaus auch die besten Schützen am Tag stellen.
Nachdem bereits in den 50er Jahren wie auch Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre die Schützenbruderschaft über starke Jungschützengruppen verfügt, war es der Bruderschaft in diesen Zeiten jedoch nicht gelungen, den Nachwuchs zu binden. Sinkende Mitgliederzahlen und fehlende Aktivität bei den Mitgliedern waren die Folge. Bereits 1976 entstand eine neue Jungschützengruppe. Entschlossen drängten diese Jugendlichen auf Eigenverantwortung. Demzufolge wurde 1979 eine Jungschützenabteilung mit eigenem Vorstand gegründet. Hierin wurde festgesetzt, dass die Jungschützen direkt mit 18 Jahren als Schützen in die Bruderschaft übernommen werden. Weiterhin wurde durch die Satzungsänderung die Mitgliedschaft auch für Frauen ermöglicht. Die entsprechend geänderte Satzung besagt: „Mitglied werden kann jede Frau und jeder Mann der das 18. Lebensjahr vollendet hat.“ Ein weiterer Schritt für die Zukunft war die Satzungsänderung 1987. Hier wurde festgelegt, dass der Verein zwischen fördernden und aktiven Mitgliedern unterscheidet. Außerdem wurde festgelegt, das Mitglieder bis 60 Jahre zum Tragen der Schützentracht verpflichtet sind. Alle diese Schritte wurden durchgeführt um bei all den sportlichen Aktivitäten der Bruderschaft die Tradition und das althergebrachte Brauchtum zu bewahren und für die Zukunft zu sichern.
Um den sportlichen Aktivitäten der nachrückenden Jugend gerecht zu werden, wurde 1982 beschlossen, einen neuen Luftgewehrschießstand zu bauen. Der neue Schießstand wurde Pfingsten 1986 eingewiehen. Dank der erheblichen Eigenleistung der Mitglieder konnten die Baukosten auf 36.000 DM reduziert werden.
Bei der 770-Jahrfeier im August 1986 wurde erstmals eine Ortsmeisterschaft der Vereine und Clubs im Schießen durchgeführt. Die Veranstaltung stieß auf reges Interesse, insgesamt 45 Damen- und Herren-Mannschaften nahmen an dem Wettbewerb teil. Mittlerweile ist die Ortsmeisterschaft im Schießen eine feste alljährliche Veranstaltung.
Noch vor Abschluss der Bauarbeiten zum Luftgewehrschießstand, ergab sich für die Bruderschaft die Möglichkeit unter entsprechender Förderung durch das Land, die mittlerweile für das sportliche Schießen ungeeignete und zu kleine Anlage entsprechend zu erweitern. Zum Jahresende 1985 wurde die Planung in Angriff genommen und die entsprechenden Förderungsanträge gestellt. Im Juni/ Juli 1988 wurde die Baugenehmigung und die Förderungszusage erteilt. Von den Gesamtkosten in Höhe von 605.000 DM waren als förderungswürdig 520.000 DM anerkannt worden. Die Baumaßnahme erfordert eine erhebliche finanzielle Anstrengung der Bruderschaft und konnte nicht zuletzt nur aufgrund der Verpflichtung der Mitglieder zum Arbeitseinsatz von über 8.000 Arbeitsstunden von der Bruderschaft in Angriff genommen werden. Nach Fertigstellung der Anlage, die als zentrale Schießanlage für den Bezirksverband Maria Laach und den Bereich der VG Maifeld gilt, stehen 10 Kleinkaliber-Schießbahnen – 50 Meter und 10 Schießbahnen – 25 Meter für Kurzwaffen aller Kaliber zur Verfügung.